"Wir gehen notfalls bis zum Bundesgerichtshof", sagte Hummels' Anwalt Christian-Oliver Moser anschließend. "Das ist ein grundsätzliches Thema. Das schränkt aus meiner Sicht die Meinungsfreiheit zu sehr ein." Der Verband Sozialer Wettbewerb wolle "Rechtsklarheit" erreichen, sagte dessen Anwalt Franz Burchert.

Intensiv diskutiert wird das Geschehen auch in der Facebook-Gruppe "Rettet das Influencer-Marketing". Die Kommentare reichen von: " Ich nehme mal an, sie hat genug Kohle, um das durch alle Instanzen zu boxen" bis zu "Find ich gut, insbesondere weil sie für ordentlich Pressewirbel sorgen wird. Abgesehen davon finde ich, dass es sicher nicht schaden kann, den Verband mal etwas unter die Lupe zu nehmen...".

Cathy Hummels hat Werbeverträge mit mehreren Modefirmen - sie bekommt Geld für die Nennung der Unternehmen und ihrer Produkte. Diese Beiträge kennzeichnet sie als "bezahlte Partnerschaft". Der Verband hat sie wegen 15 Postings verklagt, bei denen dieser Hinweis fehlte. Laut Hummels' Anwalt Christian-Oliver Moser hat die 30-Jährige für diese Beiträge aber auch keinerlei Gegenleistung erhalten - mit Ausnahme des Kinderwagens für den kleinen Sohn Ludwig, den der Hersteller kostenlos zur Verfügung stellte.

Für den Kinderwagen akzeptierten Hummels' Anwälte jedenfalls die Abmahnung, nicht jedoch für die Mehrheit der 15 Instagram-Posts. Der Verband Sozialer Wettbewerb ist unter Fachanwälten für Abmahnungen bekannt - auch Starkoch Alfons Schuhbeck war 2014 vor dem Münchner Landgericht verklagt worden, weil er eine Gewürzmischung als "Sexgewürz" angepriesen hatte. Schuhbeck siegte.

W&V sprach mit Alexander Stolz, der im Mannheimer Büro der Kanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz im Bereich des Gewerblichen Rechtsschutzes und des IT-Rechts tätig ist.

Herr Stolz, was bedeutet es, wenn Frau Hummels jetzt mit Gegenklage droht?

Frau Hummels kann gegen die Abmahnung klagen, wenn sie davon ausgeht, dass diese zu Unrecht erfolgt ist. Dann stellt ein Gericht fest, ob ihr Verhalten gesetzeskonform war. Damit wäre zugleich klar, dass der Abmahner keinen Anspruch hat. Es handelt sich dabei um eine sogenannte negative Feststellungsklage.

Geht das? 

Grundsätzlich ja. Allerdings sagt die bloße Möglichkeit einer solchen Klage natürlich noch nichts darüber aus, ob Frau Hummels damit auch Erfolg haben wird. Im Gegenteil: Die kürzlich ergangenen Urteile im Bereich des Influencer-Marketings deuten eher darauf hin, dass die Pflicht zur Kennzeichnung von Werbung sehr streng gehandhabt wird. Letztlich geht es dabei darum, dass Verbraucher nicht in die Irre geführt werden sollen. Dies ist kein spezifisches Problem bei Influencern, sondern auch in allen anderen Medienbereichen relevant. Ob eine Kennzeichnung als Werbung bei einem Posting erforderlich ist oder nicht, richtet sich nach der jeweiligen Gestaltung des Profils und des Postings. Beispielsweise kann es von Bedeutung sein, wie häufig rein private Inhalte geteilt werden, ob sich das Angebot eher an Jugendliche richtet und wie häufig gekennzeichnete Werbepostings erfolgen.

Was wären mögliche juristische Konsequenzen?

Ist Frau Hummels mit ihrer Klage erfolgreich, würde sich dies nur auf das bzw. die Postings beziehen, weswegen sie abgemahnt wurde. Inwieweit diese Entscheidung verallgemeinerungsfähig für andere Instagram-Auftritte und Postings sein wird, wird man dann sehen müssen. Grundsätzlich wird aber immer nur ein Einzelfall entschieden.

Darüber hinaus könnte Frau Hummels unter Umständen Schadensersatz verlangen. Ein Schaden des Abgemahnten kann darin bestehen, dass er aufgrund der Abmahnung einen Anwalt eingeschaltet hat und ihm dadurch Kosten entstanden sind, oder dass er aufgrund der unberechtigten Abmahnung Kunden verloren hat. Allerdings sind die Anforderungen an einen solchen Schadensersatzanspruch sehr hoch.

Alexander Stolz, SZA Schilling, Zutt & Anschütz

Alexander Stolz, SZA Schilling, Zutt & Anschütz

am/mit dpa


Annette Mattgey, Redakteurin
Autor: Annette Mattgey

Seit 2000 im Verlag, ist Annette Mattgey (fast) nichts fremd aus der Marketing- und Online-Ecke. Als Head of Current Content sorgt sie für aktuelle Geschichten, Kommentare und Kampagnen auf wuv.de. Außerdem verantwortet sie das Themengebiet People & Skills.