An die Community gerichtet, erklärt sich Claudia Helming in einem Blogbeitrag: "Die E-Commerce-Landschaft hat sich in den letzten Jahren sehr verändert, unser Geschäftsmodell stößt zunehmend an seine Grenzen. Und wir haben es nicht geschafft, ausreichend neue innovative Ideen umzusetzen. Dawanda ist nicht insolvent. Aber wir haben erkannt, dass das Risiko, nicht mehr mithalten zu können, zu groß ist. Wir tragen eine große Verantwortung gegenüber unseren Verkäufern, Käufern, Partnern und Mitarbeitern. Wir mussten handeln, bevor es keine Handlungsmöglichkeiten mehr gibt."

Kundin seit 2008

Dabei galt gerade Dawanda lange als das Vorzeige-Startup. Claudia Helming hatte den Online-Marktplatz 2006 zusammen mit Michael Pütz gestartet. Vorbild war damals die US-Plattform Etsy, die ein Jahr zuvor gegründet worden war. 

Mir hat das Konzept gefallen. Seit Mai 2008 bin ich Kundin bei Dawanda, habe so manches schöne Stück dort erstanden: Ein heißgeliebtes Shirt aus Berlin, eine wunderbare Uhr aus Polen, Schmuck aus Sachsen, Selbstgenähtes aus der Eifel, Weihnachtsgeschenke für die ganze Familie. Was ich gut finde: Das Herumstöbern im großen Angebot, die oft liebevolle Präsentation der selbstgemachten Produkte, der übersichtliche und schön gestaltete Webauftritt, das Markendesign, die Empfehlungen, die Kaufabwicklung, eine Gummibärchen-Tüte oder Aufkleber im Paket, ein paar Zeilen vom Verkäufer. Die Gewissheit, lokale Kleinunternehmer zu unterstützen. Und das Community-Gefühl. Denn Dawanda ist nicht nur ein Marktplatz, es war auch immer eine starke Community. Und die ist nun geschockt und traurig, äußert ihren Unmut in vielen Beiträgen oder bedankt sich bei Dawanda für die Starthilfe in das Kleinunternehmertum.  

So geht es mit Etsy weiter

Wie geht es nun weiter? Nach eigenen Angaben hat Dawanda zusammen mit Etsy ein Tool entwickelt, mit dem die Verkäufer seit dieser Woche ihre Angebote und Shopinhalte zum bisherigen Wettbewerber übertragen können. Für Etsy ist die Vereinbarung ein Geschenk, um global weiter zu wachsen. "Deutschland ist seit langem einer von Etsys geografischen Hauptmärkten. Investitionen in Marketing, Technologie, Community-Events und die Talentförderung in unserem Berliner Büro sehen wir als substantielle Schritte unsere deutsche Community zu stärken. Mit dieser Vereinbarung können wir Etsys Reichweite in Deutschland und Mitteleuropa weiter ausbauen", sagt Josh Silverman, CEO von Etsy.

"Wir freuen uns, Dawanda-Verkäufer und -Käufer bei uns zu begrüßen", so Silverman weiter. Die Dawanda-Verkäufer erhielten Zugang zu 35 Millionen aktiven Etsy-Käufern und Dawanda-Käufer Zugang zu mehr als 50 Millionen Artikeln. Und Etsy will investieren, mit mehr regionalem Marketing, einem ausgeweiteten Kundenservice für Deutschland und Polen, die Übersetzung der Webseite ins Polnische und zusätzliche Zahlungsoptionen durch eine neue Partnerschaft mit Klarna.

Dawanda-Gründerin Claudia Helming sagt: "Etsy teilt viele Werte und Ideale mit Dawanda. Die Plattform legt ihren Fokus darauf, Unternehmer/innen zu fördern, lebt Kreativität und stellt menschliche Beziehungen in den Vordergrund. Hinzu kommen Aspekte wie Internationalität und Reichweite. Ich bin zuversichtlich, dass unsere Community als Teil von Etsy weiter gedeihen wird." Für das Dawanda-Team gilt das jedoch nicht. Die 150 verbliebenen Mitarbeiter verlieren ihren Job, 50 helfen noch bei der Abwicklung mit.

Ein Lieblingsladen verschwindet

Im vergangenen Jahr fanden auf Dawanda rund 2 Millionen Käufer und mehr als 70.000 aktive Verkäufer zusammen. Ich war eine davon und hatte demnach Zugang zu rund 4 Millionen Artikeln. Mir hat das vollkommen gereicht. Natürlich werde ich nun zu Etsy wandern, dem globalen Marktplatz mit so vielen lokalen Verkäufern. Denn ich bleibe Fan des DIY-Konzeptes. Trotzdem wird mir Dawanda fehlen. Denn es fühlt sich an, als würde der Lieblingsladen um die Ecke einfach zumachen. Und Platz machen für eine weitere globale Kette.


Autor: Frauke Schobelt

koordiniert und steuert als Newschefin der W&V den täglichen Newsdienst und schreibt selber über alles Mögliche in den Kanälen von W&V Online. Sie hat ein Faible für nationale und internationale Kampagnen, Markengeschichten, die "Kreation des Tages" und die Nordsee. Und für den Kaffeeautomaten. Seit 2000 im Verlag W&V.