Wie setzen Sie das konkret in die Praxis um?

Zunächst haben wir neue digitalen Einheiten, wie Porsche Digital und das Porsche Digital Lab, Innovationszentren in Tel Aviv und Silicon Valley, gegründet. Wie Sie sich vorstellen können, müssen wir dorthin gehen, wo die digitalen Talente sind. Aber neben dem Aufbau neuer, digitaler Arbeitsumgebungen ist es für uns entscheidend, klassische Unternehmenshürden zu überwinden und agile Organisationsstrukturen und -prozesse über alle Abteilungen und Bereiche hinweg bei Porsche zu ermöglichen.

Aber es geht für Sie auch um die richtige (digitale) Denkweise?

Ja, natürlich. Wir führen unseren Prozess durch Schlüsselfragen - zum Beispiel: Gibt es ein Problem, das es wert ist, gelöst zu werden? Sind wir in der Lage, eine Lösung vorzuschlagen, die gewünscht wird? Glauben wir, dass wir in der Lage sein werden, ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln? Können wir das technologisch bauen? Werden wir in der Lage sein, uns zu vergrößern, um Gewinne zu erzielen? Ziel musses sein, die Kapazitäten richtig zu bündeln und das Innovations- und Geschäftsmodell-Denken weiter zu fördern.

Was müssen Sie dabei berücksichtigen, Stichwort Parallelwelten?

Wir bauen unsere Produkte in der Regel nicht nur für einen Markt, sondern haben eine globale Organisation, die in mehr als 100 Ländern tätig ist. Das bedeutet keine Einzellösungen, aber oft ist ein globaler Einsatz mit unterschiedlichen gesetzlichen, steuerlichen oder gar produktbezogenen Regelungen erforderlich.

Bedeutet das, dass Porsche nicht zwingend zentral agieren kann?

Wir denken lokal und global - und lokal für global. Der Schlüssel besteht darin, die Marktorganisationen einzubeziehen und sie in die Lage zu versetzen, relevante Fähigkeiten und Kapazitäten aufzubauen und sie beim Beitrag zum Ökosystem zu unterstützen. Für uns ist es keine gute Lösung, von Stuttgart aus zu versuchen, spezifische China-bezogene Features zu erstellen, sondern den Kollegen im jeweiligen Markt einzubeziehen und es ihnen zu ermöglichen, die Bedürfnisse des Kunden wirklich zu erfüllen.

Was ist Ihre Lösung, um die vielfältigen wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen zu meistern?

Porsche ist zwar äußerst erfolgreich, aber wir glauben an die Chancen einer Zusammenarbeit mit digitalen Entwicklern, Start-ups und Innovationszentren auf der ganzen Welt. Wir bündeln unsere Kräfte und ermöglichen gemeinsame Arbeitsmodelle, indem wir offene Plattformen und Schnittstellen schaffen. Wir wollen nicht nur von der offenen Innovation profitieren, sondern auch dazu beitragen und Teil des Ökosystems sein. Aktuelle Beispiele sind unsere Ideenwettbewerbe Porsche NEXT OI und Mobility for a better world sowie die enge Zusammenarbeit mit dem Accelerator APX in Berlin oder der globalen Innovationsplattform Startup Autobahn, aber auch unsere Beteiligungen an Konferenzen wie der TNW in Amsterdam und der re:publica in Berlin. Porsche öffnet sich als Unternehmen, um andere zu beteiligen, mit ihnen zusammenzuarbeiten und von ihnen zu lernen - egal ob Start-up, Student, Einzelperson oder Unternehmen.

Stefan Zerweck (46) ist als Chief Operating Officer (COO) Teil der Geschäftsführung von Porsche Digital. Vor seiner Zeit bei Porsche war er seit 2015 Geschäftsführer der Daimler-Digital-Tochter Mercedes-Benz.io GmbH, nachdem er zuvor in verschiedenen Positionen im Umfeld Marketing und Internet für Daimler tätig war. Im Rahmen der TNW 2019 in Amsterdam sprach Zerweck bei einem Fireside Chat mit der Wired UK-Redakteurin Katia Moskvitch über Parallelwelten - und die Aufgabe, einen Sportwagenhersteller in der digitalen Welt zu führen.


Autor: Julia Gundelach

Julia Gundelach ist freie Autorin mit Schwerpunkt Specials. Daher schreibt sie Woche für Woche über neue spannende Marketing- und Medien-Themen. Dem Verlag W&V ist sie schon lange treu – nämlich seit ihrem Praktikum bei media & marketing in 2002, später als Redakteurin der W&V.