Kooperation:
Amazon und Vogue starten gemeinsame Mode-Plattform
Amazon und High Fashion - das waren bislang zwei komplett voneinander getrennte Welten. Jetzt nähern sich beide aneinander an. Das Verbindungsglied ist keine geringere als Vogue-Chefredakteurin Anna Wintour.
Aus eigener Kraft hat es Amazon Fashion bislang nicht geschafft, in der Welt von High Fashion Fuß zu fassen. Jetzt gibt es prominente Schützenhilfe. Keine geringere als Vogue-Chefredakteurin und Mode-Ikone Anna Wintour verkündete eine Kooperation mit dem E-Commerce-Riesen. Unter dem Motto "Common Threads: Vogue x Amazon Fashion" wollen die Vogue, Amazon und das "Council of Fashion Designers of America" (CFDA) unabhängigen Designern wie Batsheva Hay, Brock Collection, 3.1 Phillip Lim oder Edie Parker eine digitale Bühne bieten. Damit soll der Umsatzeinbruch im stationären Handel durch die Corona-Pandemie etwas abgefedert werden.
"Ich freue mich wahnsinnig, diese Partnerschaft zu verkünden und möchte Amazon Fashion nicht nur für die großzügige Unterstützung von 'A Common Thread" danken, sondern auch dafür, dass das Unternehmen so schnell Ressourcen zur Verfügung stellte, um von der Pandemie betroffenen amerikanischen Designern zu helfen", zitiert die New York Times Anna Wintour. Es gebe für die Branche, die so schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde, keine einfache Lösung, so die Vogue-Chefin. "Doch ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung." Im Rahmen der Kooperation entsteht ein neues Outlet für Brands, die wegen des Shutdowns der stationären Läden und den daraus resultierenden stornierten Bestellungen und Bergen unverkaufter Ware kurz vor der Insolvenz stehen. Selbst Luxus-Online-Händler wie Net-A-Porter sahen sich gezwungen, ihre Warenhäuser zu schließen.
Vom Schmuddelkind zum weißen Ritter
Die plötzliche innige Freundschaft zwischen der Luxus-Modebranche und Amazon mutet etwas befremdlich an. Zwar ist Amazon vermutlich inzwischen der größte Modehändler der USA. Doch High-End-Marken zeigten sich gegenüber der Plattform bislang extrem reserviert. Noch 2016 sagte LVMH-Finanzchef Jean-Jacques Guiony etwas naserümpfend: "Wir glauben, dass Amazon mit seinem bestehenden Business nicht zu unserem Luxus passt. Punkt. Und es passt auch nicht zu unseren Brands. Wenn sie das Business-Modell ändern, vielleicht, aber mit dem bestehenden Business-Modell gibt es keine Möglichkeit, mit ihnen ins Geschäft zu kommen." Und auch der Versuch, mit Plattformen jenseits von Amazon, wie Shopbop oder Myhabit.com in der Welt der Luxusmode Fuß zu fassen, scheiterten kläglich.
Viele Marken warfen Jeff Bezos und seinen Mannen zudem vor, nicht rigide genug gegen Plagiate vorzugehen. Doch die Corona-Krise macht Amazon für die Modedesigner auf einmal zum weißen Ritter. Den meisten Playern bleibt gar keine andere Wahl, als zu versuchen, ihr Inventar über eine Plattform zu vertreiben, die eine Reichweite bietet wie keine andere, und die Logistik dafür in erfahrene Hände zu geben.
Das Konzept sieht vor, dass die Designer selbst entscheiden, welche Produkte sie zu welchem Preis über das Amazon-Schaufenster verkaufen wollen. Darüber hinaus können sie ihre Ware über FBA verschicken lassen oder den Versand selbst in die Hand nehmen. Für jeden getätigten Kauf berechnet Amazon die üblichen Marktplatzprovisionen - im Schnitt 17 Prozent.
Da Amazon selbst kaum Kontakte zu den Designern hat, haben Vogue und das CFDA beide Parteien ins Gespräch gebracht. Für Amazon ist das mehr wert als die Provisionen, die der E-Commerce-Riese den Designern anfangs ohnehin erlässt. Es ist der nächste Vorstoß, ernsthaft im Luxusmodesegment Fuß zu fassen. Der Schulterschluss mit Anna Wintour könnte für den Erfolg sorgen.