Computerspielszene:
Heftige Kritik an Horst Seehofers Gamer-Generalverdacht
Der Bundesinnenminister will nach dem Attentat von Halle die Gamerszene stärker beobachten. Das sei der falsche Weg, finden Politik und Öffentlichkeit.
Die Ankündigung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), nach dem Terroranschlag von Halle die Computerspiel-Plattformen in der Gamerszene stärker beobachten zu wollen, hat sowohl beim Publikum als auch in der Politik für reichlich Kritik gesorgt.
Der Hintergrund der Äußerungen: Der rechtsextremistische Attentäter hatte vor der Tat einen Ablaufplan veröffentlicht, der einer schriftlichen Version eines Computerspiels ähnelte. Offenbar nutzen laut der Sicherheitsbehörden Extremisten auch gerne Gaming-Plattformen zum heimlichen Austausch untereinander.
Deswegen aber gleich alle Gamer unter Generalverdacht zu stellen, sei ein Schritt in die falsche Richtung und gehe am eigentlichen Problem vorbei, so der Tenor der Äußerungen in der Presse sowie auf Social Media.
Fokus auf der Gamerszene - die falsche Strategie
So erklärte etwa Felix Falk, Geschäftsführer des Bundesverbands Game: "Eigentlich müsste jedem längst klar sein: So wenig wie man Filme oder Bücher für Hass und Gewalt verantwortlich machen kann, so wenig sind Games und ihre Community hierfür die Ursache. Stattdessen haben wir in Deutschland ein beängstigendes Problem mit Rechtsextremismus."
Der Autor Mario Sixtus stimmt zwar durchaus zu, dass man über Gamer reden müsse, die rechte Attentäter feierten. Aber: "Wenn ausgerechnet dieser Innenminister den Fokus auf die Gamerszene lenken will, ist es mindestens naheliegend, anzunehmen, er tut das, um die Rechtsextremen auf der Straße und in den Salons weiterhin genauso totschweigen zu können wie bisher."
Ein wichtiger Wirtschaftszweig
Und auch CSU-Vize Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung im Kanzleramt, kritisiert die Aussage – zumal in Deutschland viel für die Games-Förderung getan werde: So etwas lasse man sich nicht mit "einem Satz" kaputtmachen. Das wäre vielmehr so, wie wenn man "mit dem Arsch" einreiße, was man jahrelang aufgebaut habe. Das betonte auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder: "Die Gamer, und das sind viele, viele junge Leute, die machen da ganz großartige Sachen." Nicht zuletzt sei die Computerspiele-Branche ein wichtiger Wirtschaftszweig - so wichtig, dass Söder im April kommenden Jahres sogar Gastgeber des Deutschen Computerspielpreises 2020 ist.
Inzwischen ist auch Seehofers Bundesinnenministerium etwas zurückgerudert. Inzwischen lautet Seehofers leicht entschärftes offizielles Statement zum Thema: "Ob analog oder digital: Wir wollen Rechtsextremisten überall dort bekämpfen, wo sie aktiv sind."
W&V-Redaktion/dpa